
Frau Berchta in Altenmarkt
Die Wilde durch die Luft fahrende Alte - ist vergleichbar mit Frau Holle und der russischen Baba Jaga, der die Naturgewalten unterstehen, Tag - Nacht - Jahreszeiten sie ist eine Göttin die über das Werden und Vergehen von Erscheinungen zwischen Himmel und Erde verfügt.
Die Vielzahl ihrer Namen, allein in Österreich, deutet auf ihre weitverzweigten kulturellen Ursprünge als ganzheitliche Göttin hin:
Die Berchtl im Lungau, Salzburg, Berfrau, Bermuada, Frau Beri, die Moorpercht im Flachgau Salzburg, Perchtmuada, Stampa ,Stampe in Tirol, Biramuada, Widin im Salzkammergut, Sampermuada in Niederösterreich, Perchtlgoba im Murtal / Steiermark, Semper, Dickbauch in Böhmen......

Frau Berchta in Rauris
Das Erscheinungsbild von Frau Berchta wird in den verschiedenen Erzählungen und Bräuchen mit unterschiedlichen Attributen ausgedrückt, die ihre Vielseitigkeit und ihre Verbindung zu den natürlichen Zyklen widerspiegeln.
In vielen Darstellungen erscheint sie in strahlend weiße Gewänder gekleidet, die sie mit der winterlichen Schneedecke und der Reinheit des beginnenden Jahres verbinden. Ihr langes, herabwallendes Haar glänzt in hellem Licht und symbolisiert sowohl die Frische des Winters als auch die Wärme der kommenden Frühlingssonne.
Frau Berchta wird aber auch als eine alte, schwarz gekleidete Frau beschrieben – eine hässliche, vermummte Gestalt in rauen, schlichten Gewändern. Diese Erscheinung erinnert an das Bild der „Hagazussa“ oder der „Hexe“, was die Verbindung von Berchta zu uralten, vorchristlichen Vorstellungen von weiblicher Weisheit und Macht verstärkt. Ihre düstere Erscheinung im Winter symbolisiert die dunkle Seite des Lebens, die jedoch nicht als etwas Negatives, sondern als ein notwendiger Bestandteil des Kreislaufs von Leben und Tod angesehen wird.
In einigen Regionen wird sie auf einem Schimmel reitend dargestellt, oder in noch älteren Vorstellungen auf einem Schlitten, gezogen von vier weißen Hirschen, was ihre Erhabenheit und ihre Macht über die Naturkräfte unterstreicht. Sie zieht mit den Winterstürmen über das Land, ihre Bewegung ist sanft und gleichzeitig auch wild und unaufhaltsam. Sie tritt auch zu Fuß auf, was ihre Nähe zu den Menschen und ihre Rolle als Beschützerin und Führerin in den verschiedenen Jahreszeiten verdeutlicht. Insgesamt zeigt sich Frau Berchta in ihrer äußeren Erscheinung als eine Gestalt, die sowohl von der Schönheit der Natur als auch von den geheimen, dunklen Kräften der Erde geprägt ist.

Frau Berchta mit dem umgehängten Fatschenkindl als Kinderbringerin in Gastein
Frau Berchta wird in der Zeit um Dreikönig, ihrem höchsten Festtag, besonders verehrt. Als Göttin der Fruchtbarkeit und des Neuanfangs zeigt sie besonders beim Berchtenumzug ihre mächtige Präsenz. Dabei wirft sie den Frauen, die sich nach einem Kind sehnen, ihr „Fatschenkindl“ – ein Stoffpüppchen zu, das Fruchtbarkeit und die Hoffnung auf Nachwuchs verkörpert. Der Moment, wenn das Fatschenkindl durch die Luft fliegt, ist ein magischer Augenblick. Einige Frauen, die sich ein Kind wünschen, fangen es mit Freude auf, während andere dem Püppchen bewusst ausweichen. Für jene, die es fangen, bedeutet es ein gutes Omen und ein Zeichen für baldige Erfüllung ihres Kinderwunsches.
Am Berchtentag spielen Speiseopfer eine zentrale Rolle, um der Göttin Respekt und Verehrung zu erweisen. Die Feierlichkeiten sind von Mahlzeiten geprägt, die nicht nur den festlichen Charakter des Tages unterstreichen, sondern auch eine tiefere Bedeutung tragen.
Die Menschen bereiten eine Vielzahl an traditionellen Speisen zu, die aus regionalen Zutaten bestehen und besondere Symbole zeigen. Dazu gehören meist Brote mit Symbolzeichen, süße Mehlspeisen und Krapfen; Getreidebrei, Obst, Nüsse und Honig gelten als Zeichen für Wachstum und Erneuerung.
Das Speiseopfer ist nicht nur eine Geste der Dankbarkeit, sondern auch ein Mittel, die Göttin um den Segen für das kommende Jahr zu bitten.
Frau Berchta die Leben schenkende Göttin und Hüterin der Ahnenseelen
Frau Berchta nimmt in der Mythologie des Alpenraumes eine herausragende Rolle als Hüterin des Lebens und des Todes ein. Sie ist weit mehr als nur eine Wintergestalt oder eine Fruchtbarkeitsgöttin; sie ist eine zyklische Göttin, die den Kreislauf des Lebens, des Sterbens und der Wiedergeburt verwaltet. Ihre Präsenz in den Mythen und Bräuchen wird eng mit der Sorge um die Seelen der Verstorbenen, sowie mit der Förderung von Leben und Geburt verknüpft.
Als Hebamme und Totenbegleiterin verkörpert sie die weiblichen Kräfte, die sowohl das Leben schenken, als auch den Übergang von den Lebenden zu den Toten schützen. Diese Rolle als Hüterin der Seelen wird besonders deutlich, wenn Frau Berchta als Schutzpatronin der Verstorbenen, die Seelen der Ahnen in die Anderswelt führt.

Frau Berchta mit den Kinderseelen 1
Die Erinnerung an Frau Berchta als Seelenhüterin ist von großer Bedeutung. Sie wurde in vielen Regionen als diejenige verehrt, die in der Winterzeit mit den Seelen der Verstorbenen über die Erde zieht, um sie in die Häuser ihrer Vorfahren zu bringen und dort für den Fortbestand der Ahnenlinie zu sorgen. Ihre Präsenz fördert die Wiedergeburt der Seelen, die in die menschliche Welt zurückkehren, um in den nachfolgenden Generationen weiterzuleben.
Sie sorgt auch dafür, dass die Ahnen weiterhin am Leben der Nachkommen teilhaben. Diese „Besuche“ durch Frau Berchta verdeutlichen die Vorstellung, dass die Seelen in ständiger Verbindung zu den Lebenden bleiben und dass die Generationen miteinander verbunden sind.
Das Licht und die Dunkelheit, die im zyklischen Wandel von Sonne und Mond eine wesentliche Rolle spielen, spiegeln sich auch in der Bedeutung von Frau Berchta als Sonnen- und Mondgöttin wider. Sie fördert das Wachstum von Leben mit der Zunahme des Lichtes, während sie die Fruchtbarkeit und das Leben nährt. In den dunklen Phasen jedoch, wenn der Mond schwindet, können ihre Kräfte das Leben erschweren und den Tod begleiten. Diese wechselnden Zyklen sind ein zentraler Bestandteil ihrer Göttinnen Kraft.
In ihrer Rolle als Mutter, Großmutter, Ur-Großmutter oder Ahnin steht Frau Berchta für die weise, nährende und schützende Energie, die durch alle Generationen hindurch wirkt. Sie wird nicht nur als Muttergöttin, sondern auch als Ahnfrau wahrgenommen, die in den Höhlen, Bergen und Gewässern und in der gesamten Natur lebt und wirkt.

Frau Berchta die weiße Frau und Hüterin der Kinder im Berg 2
Alle Bilder von Brunhild Griesner
1 - Gretl Voelter, Die schönsten Sagen Österreichs, Pinguin Verlag Innsbruck, illustriert von Maria Rehm
2 - Karl Haiding, Der Grimming in der Volkserzählung, Titelbild
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