Die Göttin von Strettweg

 

Der "Kultwagen von Strettweg" wurde im Jahr 1851 in der Obersteiermark bei Judenburg gefunden. Er zählt neben der Venus von Willendorf und der Schnabelkanne vom Dürrnberg, zu den drei bedeutendsten archäologischen Fundobjekten Österreichs.

 

Die stattliche junge Frau auf dem Kultwagen von Strettweg, die fast mühelos einen riesigen Kessel auf ihrem Kopf balanciert, fesselt unseren Blick, sie ist nackt, nur ein Gürtel ziert ihren Bauch.

 

Sagen von mythischen Frauen mit übernatürlichen Kräften, erzählen von Riesinnen, die gewaltige Steinblöcke trugen und damit die Landschaft formten. Die Kesselträgerin von Strettweg hebt sich ebenfalls durch ihre Größe und ihre imposante Erscheinung von den übrigen Personen ab, die sich mit ihr auf dem Kultwagen befinden. 

 

 

Zu ihrem Gefolge gehören berittene Krieger auf Pferden, die das Vegetationspaar, einen Mann und eine Frau schützen. Vorne und hinten am Wagen befindet sich eine Hirschkuh, deren Geweih zwei junge Frauen umfassen.

 

Wie lautete der Name der Kesselträgerin? War sie eine lokale Landschaftsgöttin?

 

Das mythische Jahr matriarchaler Kulturen der Jungsteinzeit, war auf eine weibliche Göttin bezogen. In ältesten Überlieferungen zog sie alljährlich zur Winterzeit mit  einem Hirschwagen über das Land. 

 

Für die Mondgöttin Isis wurden Hirschkühe in einem heiligen Hain aufgezogen, zur  Göttin Diana gehörte ebenfalls der Hirsch, sie war nicht nur eine Herrin der wilden Natur und der Tiere, auch als Mond- Erd-, Mutter- und Totengöttin wurde sie verehrt. Der Mythische weiße Hirsch hatte einen Bezug zur Göttin Artemis. 

 

Die Hügelgräber von Strettweg werden der Hallstatt Periode zugeordnet, sie könnten jedoch auch älter sein. Waren sie das Gemeinschaftswerk vieler Menschen einer Region, an dem mehrere Sippen Anteil hatten, um all ihre Familienmitglieder darin zu bestatten?  

 

 

Im Murtal Museum von Judenburg, ist ein sehr informativer Film zu sehen der zeigt, wie die weiblich gerundeten Hügelgräber von Strettweg einst ausgesehen haben könnten. Symbolisieren sie den schwangeren Bauch der Erdmutter? In ihrem Schoß, dem fruchtbaren Kessel, ruhten die Verstorbenen Familienmitglieder, die nach den religiösen Vorstellungen unserer Ahninnen und Ahnen, erneut  daraus wiedergeboren wurden.

 

 

 

Das Grab der Priesterin

 

 

Im Murtal Museum überrascht die Darstellung einer Priesterin in Ritualkleidung, mit prächtigem Mantel, einem Gürtel und mehreren Halsketten. In früheren  Forschungen wurde der Kultwagen einem keltischen Fürsten zugeordnet. Zahlreicher Frauenschmuck mit ca. 300 Bernsteinperlen, Goldperlen, sowie Fibeln, weisen nach heutigem Fundstand jedoch auf ein Grab einer Fürstin oder einer Priesterin hin.

 

 

Ist es möglich, dass in der Umgebung von Strettweg weise Frauen als Priesterinnen lebten und wirkten? Brachten sie den Toten Opfergaben zu den Gräbern? Galten ihre Rituale und Gebete einer Göttin, der sie die verstorbenen Ahninnen und Ahnen anvertrauten und sie um ihren Segen für die Gemeinschaft der Lebenden anriefen?  

 

 

Der steirische Historiker Franz Ferk hat sich in der Zeit um 1894 in Strettweg umgesehen und berichtet, er hätte im Wald am Falkenberg, den die Bauern dort "Trunenberg" nannten, einen elliptisch geformten Steinkreis gefunden. Ein Bettler berichtete ihm von einem Trunen Tempel, auf dem zweiten südlichen Vorsprung des Berges. Die Trunen hätten sich von einer Quelle unter dem Tempelberg Wasser geholt.

 

Orte mit dem Namen Falkenberg oder Falkenstein gibt viele es in Österreich, sie beziehen sich auf weibliche Traditionen im Zusammenhang mit prähistorischer Besiedelung. Im Pinzgau lebten die sagenhaften Wildfrauen am Falkenstein bei Krimml, im Salzkammergut schlüpften Frauen mit Kinderwunsch durch die enge Spalte am Falkenstein, in Niederösterreich in Poysdorf, ist der Fund der Venus vom Falkenstein bemerkenswert. 

 

In der alten Schreibweise Valkenstein finden wir die Wortsilben Val – ca – Stein. Val bedeutet das Tal und ca ist eine Wortsilbe für die Frau, so weist der Name Falkenstein auf das Tal mit dem Frauenberg oder dem Frauenstein. 

Valcamonika / val ca mon ica, bedeutet das Tal mit dem heiligen Frauenberg.

 

Sind wir auf der richtigen Spur, wenn wir den Erzählungen der Bevölkerung nachgehen, die sich hier noch an Druidinnen, an weiße Frauen und an die Percht erinnern? Die Königin aller Trunen soll mit einer goldenen Kette in einer Höhle gesessen sein.

 

 

Das Wort Druide bedeutet auch weibliche Druidin, in vielen Namen kommt  die Drude oder die Trude vor, was sich auf eine Priesterin oder auf eine Göttin beziehen kann. Der Drudenfuß war eines ihrer heiligen Zeichen, er hatte beschützende Kraft und wurde in der Steiermark alljährlich zu Weihnachten an die Stubentüren gemalt.

 

Waren die weisen Truden die vielen geheimnisvollen weißen Frauen der steirischen Sagen, die in verfallenen Burgen, in Wäldern und an Flüssen umgehen und noch heute auf ihre Erlösung warten?

 

Von der Regentrud wird in Judenburg erzählt, in Obdach soll die Erzzauberin der Truinen, die Waldpurga, gelebt haben. Bei der Herstellung einer Beinsalbe musste zu den Truden / Trunen gebetet werden, sonst heilte die Salbe nicht.

 

Viele Puzzleteile müssen hier noch zusammen getragen werden, um ein vollständigeres Bild von der Verehrung der Landschaftsgöttin im Murtal in der Steiermark zu erhalten.

 

Bilder von Brunhild Griesner / Museum in Strettweg , Museum Joanneum in Graz

 

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