Rauris - Paracelsus und die Percht

 

  Paracelsus und die Percht

 

 

 „He, Wirt!“ Und so ungestüm hat noch kein Gast

 

den ehernen Türklöppel angefaßt.

 

„Den Doktor schaff mir!“ Auftaucht wie ein Blitz

 

im Giebelauge die Zipfelmütz`.

 

„Ei, was und wie und wann und wo?“

 

„In die Rauris noch heut`! Meine Käth`stirbt am Stroh

 

wie die Nann, wie die Gret – und das Kindl geht drauf!

 

Hol` mir den Wundermann, säum dich nit, lauf!“

 

 

 

Das ist der Gewerksherr, - man kennt ihn schon.

 

Gott geb dem Gestrengen nun endlich den Sohn!

 

Den doctores zu Salzburg schaffts immer Verdruß,

 

holt einer den fahrenden medicus.

 

Der steht schon am Tor, gestützt auf sein Schwert,

 

das ihm der rote Freimann verehrt,

 

die Pelzhaube schlägt um den mageren Leib:

 

„Arcanum in Ehren – Magie braucht dein Weib!“

 

 

 

Schon wiehert der graue Hengst aus dem Stall,

 

der sternlichte Schnee dämpft der Huftritte Schall.

 

Paracelsus der Arzt liegt geneigt über`n Bug, -

 

Hinwirbelt die silberne Mähne im Flug!

 

Der Bergherr schaut offenen Mundes ihm nach –

 

der Andere setzt eben hoch über die Ach`.

 

Die Sterne flirren. Ein heller Streif

 

sinkt hinter die Fager - des Rosses Schweif.

 

 

 

Der Flußlauf tief unten, so schmal wie ein Bach.

 

Dem Thurn zu Sankt Jakob einen Hufschlag aufs Dach –

 

und dann höher hinauf und den Bergen zu!

 

Die Weiler in schweigender Winterruh`.

 

Ein Gespinnst wie von Sudpfannenrauch über Hallein, -

 

doch am Dürrnberg ist`s dunkel, kein Knapp fährt jetzt ein.

 

Der Wasserfall braust in der Gollinger Schlucht.

 

 

 

Am Paßweg  lauerts, vermummt und verrucht, -

 

da lädt die Spelunke zur Winterrast

 

einen jeden, der gern nach dem Messer faßt.

 

Das Werfener Schloß – wie ein Bergkristall!

 

Und wieder türmt sich ein neuer Wall:

 

 

 

Hochkönig zur Rechten, von Eis umblaut,

 

die Sitze der Götter emporgestaut.

 

Links in die Täler geht es hinein,

 

dunkel behütet von Urgestein.

 

 

 

Die Achen läutern, in Keines Sold,

 

unter dem Eise das Tauerngold.

 

Es tost in den Klammen; ein Glasnebelsprüh`n

 

umsilbert die Hufe, die drüberflieh`n.

 

Gen Süden das Tal, das „die Rauris“ heißt.

 

 

 Für heute genug durch die Nacht gereist!

 

Dort unten der Hof – wie ein adliges Schloß;

 

und langsam hernieder gleitet das Roß.

 

 

 

Paracelsus reitet. Am Schwert glänzt der Knauf.

 

Im Mauerkranz vorn springt ein Torbogen auf.

 

Von keinem geleitet, von keinem geführt,

 

erreicht er den Gaden. Die Kindbettin spürt,

 

wie reine Schneeluft entgegen ihr dringt,

 

wie es die fiebernde Glut bezwingt. –

 

Wen sieht dort der Arzt, an die Bettstatt gebannt?

 

die unholde Percht  hat er jählings erkannt!

 

 

 

 

 Ein Satz – und er faßt nach dem wergenen Zopf –

 

er wendet der Schlimmen den grausigen Kopf:

 

Eine, Nase langüber, ein Auge das schielt –

 

er dreht die Gestalt, er verwandelt das Bild!

 

Der jungen Bergmeisterin Wehlaut durchgellt

 

mit einmal die Stube: ein Kind kommt zur Welt! –

 

Wer hebt es, wo bleibt denn die weise Frau?

 

Tritt Eine heran, blond und enzianblau –

 

 


 

 Die Schöne, die Strahlende – Perchta genannt,

 

die ewig Junge, die Herrin im Land!

 

Das Büblein hält sie glückweisend im Arm –

 

im Badtröglein steigt es von Heilquellen warm;

 

sie legt es der lächelnden Mutter zur Seit`.

 

Die Göttliche dient wie in uralter Zeit,

 

zum Leben gewendet, gelöst aus dem Tod…

 

Paracelsus reitet durchs Morgenrot…

 

Erna Blaas

 

 

Bilder von Brunhild Griesner  Perchtenluf in Rauris 6.1.2020

 

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Kommentare: 1
  • #1

    Dani (Freitag, 05 Juni 2020 07:59)

    Sooo ein toller Beitrag, da kriegt frau ja Gänsehaut, bitte mach weiter so