Frau Percht geht um - Dreikönigstag in Rauris

 

Die Percht geht in der Rauris um

 

Die Hoisbäuerin hatte am Vorabend des Heiligen Dreikönigtages eine Schüssel voll Krapfen auf den Tisch gestellt, um Frau Percht günstig zu stimmen, denn wenn diese in ein Haus eintritt, gibt es ein gutes Jahr ab. Ein Knecht aber, der nicht aus dem Tal stammte und daher an die Percht nicht glauben wollte, versteckte sich hinter dem Ofen und wollte die Mitternachtsstunde erwarten. Als die Stubenuhr rasselnd zum Zwölfuhrschlage ausholte, öffnete sich die Tür, ein Lichtschein erhellte die Stube, und herein trat ein wunderschönes Weib, begleitet von einer Anzahl kleiner, lieblicher Mädchen, deren „Pfoadln“ (Hemdchen) mit Eisglöcklein behangen waren. Sie blickte ernst umher, erhob drohend die rechte Hand  und – weg war sie, fort waren die schönen Mädchen, und Finsternis herrschte wie vorher. Der Knecht aber, der so freventlich den guten Geist vertrieben hatte, war blind bis an sein Lebensende.[1]

 

 Frau Percht als helle und dunkle Doppelgestalt

 

 

Perchtenumzug Dreikönigstag in Rauris 6.1.2020

 

Die Bäuerinnen in der Rauris backen auch heute noch mit viel Können und Liebe ihre Krapfen. Damit halten sie die uralte Tradition ihrer Ahninnen aufrecht, die am Vorabend des Dreikönigstages ihre wohlschmeckenden Krapfen für die Frau Percht und ihre Seelenschar zubereiteten. Als Perchtkrapfen sind sie auch im Lungau und im übrigen Bundesland Salzburg bekannt.

 

 

Rauriser Bäuerinnen beim Krapfen backen

 Almabtrieb Fest 2018-09-10

 

Die einst hier verehrte Göttin des Tales wird in den Sagen als wohlwollender Geist und als wunderschöne Frau beschrieben, die zu Dreikönig mit einer Schar Kinder in ihrem Gefolge, in die Häusern der Menschen einkehrte.

 

Eine der ältesten Erscheinungen der Frau Percht ist ihre Vogelgestalt, in der sie auch heute noch in Rauris erscheint. Als Schnabelpercht, halb Vogel, halb Mensch, zieht sie jedes Jahr zu Dreikönig von Haus zu Haus.

 

Älteste Form der Schnabelpercht in Rauris mit Holzmaske[1]

 

 

Schnabelperchten gab es früher nicht nur in Bucheben und in Rauris, Karl Haiding erwähnt ihr Vorkommen auch in Dorfgastein, in Gröbming und in Tamsweg. Im Ennstal ging eine Frau in alten Gewändern ebenfalls als Schnabelpercht, sie wurde dort Schnabelgoaß genannt.

 

Die Dreizahl der Schnabelperchten, ihr Aussehen und ihre Attribute wie Besen, Schere, Faden und Nadel, sowie der Buckelkorb, weisen auf ganz typische Merkmale der vorchristlichen Göttin. Ihr Kehren mit dem Besen ist ein wichtiges Ritual zur Reinigung der Schwelle des Hauses, aber auch ein Bereitmachen und Öffnen für die Einkehr der Wesen der anderen Welt, in den Heiligen Zeiten des Jahreskreises.

 

Drei Schnabelperchten in Rauris

 

Die Göttin des Lebens und der Fruchtbarkeit bringt am Jahresende jedoch auch den Tod. Sie trennt Altes ab und nimmt die Verstorbenen mit in ihr Jenseitsreich. Das zeigen die umgekehrten Stiefel sehr deutlich, die aus ihrem Buckelkorb heraus schauen. Das ist kein Kind das sie bringt, sondern Jemand, den sie mitnimmt.

 

 

Spinnen und Weben ist ein magisches Tun, das die Frauen schon im frühen Mädchenalter erlernten. In den Spinnstuben der Bauernhöfe ging es an den Winterabenden gesellig zu, ältere Frauen gaben dabei ihr reichhaltiges Wissen weiter, dazu gehörten auch rituelle Lieder und Tänze. Zu bestimmten Zeiten durfte nicht gesponnen werden. Das dreifarbige Garn war früher weiß, rot und schwarz, es weist auf  die Spinnerin des Schicksalsfadens, den die Göttin für alle Lebewesen spinnt und am Lebensende auch wieder durchtrennt. Die Schere dient auch zum Abschneiden der Nabelschnur bei Geburten, die sie fördert und hilfreich unterstützt.

 

Schnabelpercht mit Besen, Buckelkorb und Garnspulen

 

 

 Die Sagen berichten in Rauris auch von einer Kinderschar im Gefolge der Frau Percht, damit sind die verstorbenen Ahnen gemeint, die derzeit nicht in der Menschenwelt leben. Die ungeborenen, unschuldigen Kinder dürfen zu bestimmten Zeiten im Jahr, wenn sich die Tore zwischen den Welten öffnen, die Menschen besuchen, Sie können sich in den Häusern ihrer Familien wärmen, bekommen Nahrung und dürfen sogar in deren Betten schlafen, während diese auf dem Weihnachtsstroh in der Stube liegen. 

 

Die Schnabelpercht verkörpert einen Vogel und gleichzeitig eine Mutter, die am Ende der Rauhnächte das neue Leben in der gesamten Natur erweckt.

 

Der Hanswurst ist der Partner der Göttin, der die männliche Zeugungskraft darstellt. In Rauris geht er beim Perchtenumzug vor der Frau Percht und schnalzt dabei immer wieder mit der Peitsche.

 

Hanswurst in Rauris Dreikönigstag 2020

 

 

1 - Josef Brettenthaler, Das Salzburger Sagenbuch, Verlag der Salzburger Druckerei 1976, S 270

2 - Österreichischer Volkskundeatlas, 6. Lieferung Band II, Percht und Perchtengestalten von Richard Wolfram, Bild 2

 

 

 

 

 

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